Musikdrucke im Kloster Einsiedeln von Karl Martin Fidel von Roll (1710-1784)
Wednesday, November 30, 2022
In den 1760er und 1770er Jahren kaufte Karl Martin Fidel von Roll (1710-1784), der Kaplan des Benediktinerinnen-Klosters Seedorf im Kanton Uri, über 30 Musikdrucke und schenkte diese dem Klosterchor “zu Eüffnung des göttlichen Lobs”. Sämtliche diese Drucke werden heute in der Musikbibliothek des Klosters Einsiedeln aufbewahrt. Sie zeugen von einem beeindruckenden musikalischen Mäzenatentum, sowie von der beachtenswerten Pflege eines internationalen Musikrepertoires in einem Innerschweizer Frauenkloster. Dank den Recherchen von P. Lukas Helg konnten diese Titel in Einsiedeln identifiziert werden.
Die Klosterfrauen trugen für gewöhnlich auf dem Vorsatzblatt der Orgelstimme eine kurze datierte Anmerkung ein, welche die Schenkung bezeugt. Eine derartige Anmerkung konnte P. Lukas Helg in 25 verschiedenen Bänden der Einsiedler Musikbibliothek ausfindig machen. Die Gesamtzahl der geschenkten Werke ist jedoch höher, weil in vielen Fällen mehrere einzelne Musikdrucke zusammengebunden wurden. Sämtliche, in Einzelstimmen herausgegebenen Musikdrucke, enthalten geistliche Gesänge für den liturgischen Gebrauch in lateinischer Sprache. Es handelt sich um Werke von rund 15 verschiedenen Komponisten. Die meisten stammen aus Süddeutschland, wobei ihre Werke beim Augsburger Verlag Lotter gedruckt wurden (Hahn, Königsperger, Kobrich, Madlseder u.a.). Aber auch Schweizer Komponisten sind vertreten: der Luzerner Patrizier Franz Joseph Leonti Meyer von Schauensee mit drei Werken (Op. 2, Op. 4 und Op. 5) und der Zisterzienser aus St. Urban, Johann Evangelist Schreiber, mit seinem Op. 3. Das älteste Werk ist Johann Valentin Rathgebers Op. 4 von 1726, das jüngste Chrysogonus Zechs Op. 1 von 1768. Der Mäzen Karl Martin Fidel von Roll wurde 1710 in Altdorf als Sohn des Landammanns Franz Martin und der Maria Katharina Püntener geboren. Er studierte Theologie und wurde apostolischer Notar. Ab 1759 war er Klosterkaplan in Seedorf und demissionierte 1784 kurz vor seinem Tod. Nach 1847 übernahm das Kloster Einsiedeln die Aufgaben des Klosterkaplans. Die alten Musikalien gelangten wohl auf diesem Weg in die Einsiedler Musikbibliothek. Man kann sich gut vorstellen, dass sie das Interesse des antiquarisch beflissenen ersten Musikbibliothekars, P. Gall Morel, geweckt haben.
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